Immer wieder akut
Verlängerung von „10/17” durch die Sallstraße
Ursprüngliche Planungen für die D-Linie
Wie bereits erwähnt sollte die D-Linie in den ursprünglichen Planungen den Heisterberg (westlich von Ahlem) und Kronsberg verbinden (siehe Rubrik D-Tunnel). Dieser „Brückenschlag” beinhaltete auch die Tunnelstrecke in der östlichen Südstadt (siehe Rubrik Downloads). Hier würde der D-Tunnel ab der zur Kreuzung ausgebauten Station Marienstraße der Sallstraße bis zum Sallplatz folgen. Danach folgt die Stresemannallee, wo die Trasse nach dem Bertha-von-Suttner-Platz nach Osten in Richtung Altenbekener Damm abbiegt. Die erreichte Station Bhf. Bismarckstraße würde mit dem gleichnamigen S-Bahnhof verküpft. Die Stadtbahn gelangt durch eine Rampe in der Lindemannallee an die Oberfläche und würde an die Bestandsstrecke der D-Süd nach Bemerode am Bischofsholer Damm anknüpfen. Diese Trassenführung (intern und in Gutachten als „Variante 6.2” benannt) wurde 1992 bis Marienstraße planfeststellungsreif aufgestellt, von der Marienstraße bis Lindemannallee 1994 durchgeplant. Frühere Versionen des D-Tunnels führten durch die Jordanstraße und danach parallel zur DB-Bahnstrecke zum Bhf. Bismarckstraße, um dort die Eilenriede zu unterqueren, um an die D-Süd anzubinden.
Vorteile eines Tunnels:
- Erschließung der kompletten östlichen Südstadt
- Verknüpfen der Umsteigestation Marienstraße und S-Bhf. Bismarckstraße
- Entlastung der Sallstraße vom Busverkehr
- Verknüpfung mit der D-Süd bei zeitgleicher Entlastung des C-Tunnels (Wegfall der Strecke Freundallee)
- Fahrgastzuwächse und Fahrtzeitgewinne im Gegensatz zur heutigen Buslinie 121
- Wenig umwegige Streckenführung mit Verknüpfung der D-Süd
Nachteile einer Straßenbahn:
- Straßenbündige Strecke ohne eigenen Bahnkörper (fragliche Förderwürdigkeit)
- Sallstraße und Jordanstraße sind teilweise nur 22 Meter bis 20 Meter breit
- Hochbelasteter Knotenpunkt Marienstraße/Berliner Allee wäre durch die Kreuzung mit Bahnen und deren Vorrangschaltungen geschwächt
- Raschplatz-Hochstraße wurde vor kurzem für einen Bruchteil der einst von SPD und Grünen angedachten Abrisskosten saniert
- Sallstraße wurde vor einigen Jahren zwischen Marien- und Kleine Düwelstraße für 2 Mio. Euro erneuert
Erste Planungen aus 2010

Am Mittwoch, 14.04.2010, lud die Partei Die Linke im Margot-Engelke-Zentrum in der Geibelstraße (Südstadt) zu einem Infoabend ein. Das Thema lautete „Möglichkeiten zur Stadtbahnanbindung der Südstadt: vom U-Bahntunnel bis zur Niederflurbahn”. Dabei stellte Stefan Möller (ehemals Fraktionschef der Linken in der Regionsversammlung, heute SPD) zusammen mit Vertretern der Region Hannover u. a. erstmals Planungen für eine Stadtbahnstrecke durch die Sallstraße vor. Untermauert mit mehreren Plänen von Hochbahnsteig-Platzierungen und Trassenführungen bis zur Stresemannallee und zum Endpunkt auf der Grünfläche der Bismarckstraße wurde somit die Machbarkeit einer Straßenbahn durch die Sallstraße einer Handvoll Interessierten vorgestellt.
Es existieren von diesem Abend nur einige wenige Fotos – eine Anfrage bei der Region Hannover bei Dipl.-Ing. Klaus Geschwinder im Jahr 2019 zur Bereitstellung des Vortrags wurde negativ beantwortet. Es hieß schlicht: man „archiviere alte Vorträge nicht”. Auch die Partei Die Linke hat den Vortrag nicht mehr parat. Seitdem fehlt von ihm jede Spur. Dabei wurde von der Transtec gewohnt akribisch ausgearbeitet in mehreren Teilplänen die gesamte Trasse dargestellt. Offenbar aus politischen Gründen verschwand diese Planung früh wieder in der Schublade. Der Vorschlag aus der Region hatte nämlich 2010 politisch nicht sehr lange Bestand.
Politisches Verwerfen der Idee im Jahr 2010
Verkehrsdezernent Ulf-Birger Franz konkretisierte die Pläne einer Stadtbahntrasse in der Sallstraße im April 2010. Nach Angaben von Franz war die Region in Sachen Südstadtbahn zwei Monaten zuvor von Hannovers damaligem Stadtbaurat Uwe Bodemann um eine Machbarkeitsstudie gebeten worden. Kurz danach wurden die in die Öffentlichkeit getragenen Überlegungen von Bodemann als „vorschnell und einseitig” kritisiert. „Wenn vonseiten der Landeshauptstadt gesagt wird, wir können uns das nicht vorstellen, dann werden wir das auch nicht weiter verfolgen”, sagte Franz der HAZ in einem Artikel vom 28.04.2010. Der wichtigste Satz in diesem HAZ-Artikel fällt ebenfalls von Franz: „Meine Vermutung ist, dass die Realisierungschancen gleich null sind.” Außerdem gab es auch hier schon vonseiten der Rats- und Regionspolitik ziemlichen Gegenwind. Kurz danach verschwand die Idee der Stadtbahn in der Sallstraße wie gesagt politisch zunächst in der Schublade.
Oberbürgermeister-Wahlkampf 2019: Marc Hansmann (SPD) forderte Stadtbahnstrecke durch die Sallstraße

Im August 2019 wurden konkrete Wahlversprechen des SPD-Kandidaten für die Oberbürgermeisterwahl Marc Hansmann (SPD) bekannt. Unter anderem forderte er in seinem Pogramm die Verlängerung der Stadtbahnlinie 10 durch die Sallstraße bis zum Bismarckbahnhof und der Linie 17 bis zum Hanomag-Gelände. Hansmann verfolgte damit die alten Straßenbahn-Träume der Grünen und reaktivierte die vor Jahren beiseite gelegten Planungen. Im Grunde schlug er zwei Streckenäste aus einem Positionspapier von Daniel Gardemin (Grünen) vor, das zu Zeiten der Niederflur-Debatte etliche Straßenbahn-Strecken propagierte, u. a. die genannten (siehe Rubrik Hoch-/Niederflur). Damit propagierte Hansmann keine eigenen Ideen, sondern befeuerte weiterhin latent die Straßenbahnträume der Grünen.
Hansmanns Forderungen zur Stärkung und Ausbaus des Nahverkehrs waren grundsätzlich richtig, basierten dabei aber auf den grünen, zumeist ideologisch motivierten Rückfällen ins Straßenbahn-Zeitalter. Selbst die Südstadt-Grünen im Jahr 2019 haben sich gegen den Vorschlag ausgesprochen und meinten: „Vorschläge aus der Mottenkiste bringen Hannover nicht weiter!” Auch von anderen Stellen gab es wieder reichlich Gegenwind. Bezirksbürgermeister Lothar Pollähne (SPD) befand, die Idee sei „grober Unfug”. Roland Schmitz-Justen (SPD) meinte, „das Hauptaugenmerk in einer Machbarkeitsstudie sollte auf eine Tunnellösung gelegt werden”. Schließlich verlor Hansmann an dritter Stelle mit nur 23,5 % die Wahl, neuer Oberbürgermeister wurde nach einer Stichwahl Belit Onay von den Grünen.

Verkehrsdezernent Franz verwirrt mit Aussagen zur Sallstraße – mal „hoch wirtschaftlich“, mal „nicht gegeben”
Die Region Hannover hatte in Sachen Nahverkehr Anfang 2020 einen ambitionierten Zehn-Punkte-Plan für die Verkehrswende vorgelegt. Eine Machbarkeitsstudie soll die Sallstraßenstrecke auf Fahrgasteffekte, Auswirkungen auf die Gesamtkapazität des Netzes, Kosten und bauliche Realisierbarkeit untersuchen. Verkehrsdezernent Ulf-Birger Franz hatte in den zurückliegenden Jahren zur Debatte um die D-Linie des Öfteren mit Zahlen jongliert. Dabei mussten Fahrgastzahlen und Kosten-Nutzen-Faktoren (zur Wirtschaftlichkeit) später auch mal kleinlaut (meist nach unten) korrigiert werden. Das Zurechtbiegen von Fakten hat sich in der Debatte zur Sallstraßen-Stadtbahn fortgesetzt. Nach der Forderung von OB-Kandidat Hansmann für eine Stadtbahn durch die Sallstraße betonte Franz dazu in einem Artikel der HAZ vom 25.06.2019: „‚Die Sallstraße ist geeignet, um dort eine Stadtbahntrasse zu bauen’, sagt Dezernent Franz [… und] betont, dass eine Stadtbahn durch die Südstadt die ‚höchste Wirtschaftlichkeit’ hätte, weil viele neue Fahrgäste hinzukämen.”
In den einsehbaren Protokollen der Verkehrsausschüsse (VA) liest sich das dann leider andersherum.
Im Protokoll VA 20.04.2010 steht: „Herr Franz erklärt […], dass es bei der oberirdischen Variante erhebliche Kostenrisiken gebe, die vor allem daraus resultierten, dass die Fördermittel nur gezahlt würden, wenn auch ein eigener Gleiskörper gebaut werde. Deshalb sei auch bei der Sallstraße die Wirtschaftlichkeit nicht mehr gegeben, wenn man einen Stadtbahnverkehr im Straßenverbund vorsehe.”
Im Protokoll VA 12.01.2012 steht: „Herr Franz macht zum Thema einer Stadtbahn in der Sallstraße deutlich, dass sich der Rat der Landeshauptstadt Hannover mit den Stimmen aller Fraktionen deutlich gegen eine Stadtbahn in diesem Bereich ausgesprochen habe und auch von den Anwohnerinnen und Anwohnern heftige Reaktionen gekommen seien. Insofern halte er diese Option nicht für sehr wahrscheinlich.”
Nicht zuletzt gilt wie oben bereits erwähnt der Satz aus dem HAZ-Artikel vom 28.04.2010: „Meine Vermutung ist, dass die Realisierungschancen gleich null sind.”
Nachzulesen sind diese Franz-Zitate in den diversen Protokollen des Verkehrsausschusses unter
https://ris.hannit.de/public/si018?GRLFDNR=41960.
Sallstraße war in allen Variantenuntersuchungen stets untertunnelt

Mehrmals wurden Streckenvarianten für die Linie D-Süd in Richtung Kronsberg und EXPO-Gelände untersucht und bewertet. Das letzte Gutachten dieser Art ist der Bericht „Bewertung von Stadtbahnvarianten zur Erschließung des Kronsberges (2010) und der EXPO 2000” von Ingenieur-Consult Haas & Partner GmbH sowie TransTec Transport und Technologie Consult Hannover GmbH vom August 1992 (Auftraggeber: Zweckverband Großraum Hannover, Vorgänger der Region Hannover). Darin wurden mehrere Varianten von Streckenführungen untersucht und berechnet. Interessant dabei ist Variante 5: Theoretisch betrifft das die heutige Innenstadtstrecke der Straßenbahn „Projekt 10/17”, die über die Berliner Allee verlängert wird. Dann jedoch soll die Straßenbahn in einer Rampe in Höhe der Lavesstraße in der Berliner Allee abtauchen, die Marienstraße unterqueren und bis zur Lindemannallee – quasi dem D-Tunnel gleich – die Sallstraße in einem Tunnel durchqueren.
Auch alternative Verbände und Parteien kamen um einen Tunnel in der Sallstraße nicht herum
Diese Variante wurde zuvor schon 1991 von alternativen Verkehrsverbänden und Parteien ausgiebig diskutiert. Die Ausarbeitung einer D-Linie durch die Innenstadt (also dem heutigen „Projekt 10/17”) war dort schon Thema. Ein Diskussionspapier stellt z. B. fest, dass (Zitat) „die Weiterführung dieser Strecke in Richtung Sallstraße möglich ist durch die Rampe zwischen Schiffgraben und Marienstraße”. Weiter heißt es, dass „in einem Tunnel in der Sallstraße nicht U-Bahn-mäßig, sondern straßenbahnmäßig in einem beleuchteten Tunnel gefahren wird”. Eine Skizze hielt auch hier fest, dass die Straßenbahn auf der Berliner Allee in Höhe der Lavesstraße in einer Rampe abtaucht und die Marienstraße unterquert.
Es ist also bewiesen, dass für die Sallstraße selbst bei Straßenbahnplanungen ein Tunnel vorgesehen war.
Tunnel in der Sallstraße wird im April 2025 überraschenderweise wieder ins Spiel gebracht
Die HAZ berichtete am 14.04.2025 über die Überlegungen der Region Hannover, im Zuge des Masterplans Stadtbahn nun doch wohl einen Tunnel unter der Sallstraße zu bauen. Das sei laut Verkehrsdezernent Ulf-Birger Franz „ein konkretes Thema“. Dabei wurde wieder die Variante 5 aus dem Haas-Gutachten von 1992 ins Spiel gebracht (siehe oben). Seitdem schlägt das Thema hohe Wellen. Auch die Initiative Pro D-Tunnel e. V. bekommt in einem HAZ-Artikel vom 18.04.2025 Erwähnung, da die Planungen aus 1992 und 1994 für den gesamten D-Tunnel digitalisiert vorliegen (einige davon hier als Downloads) und der Politik das Archivmaterial als Grundlage für neue Planungen empfiehlt, weil man das Rad nicht zweimal neu erfinden muss.
Fragliche Knackpunkte: Umfahrung der Hochstraße und Rampe in der Berliner Allee

Bei der 2025 wieder in die Diskussion eingebrachte Streckenführung gibt es noch etliche Knackpunkte, die es zu lösen gilt. Zuerst muss die verlängerte Strecke von „Projekt 10/17” beidseitig entlang der Raschplatz-Hochstraße entlangfahren. Hier sieht der neue Masterplan für die Umgestaltung des Areals Raschplatz neue frei zugängliche Spiel- und Aufenthaltsflächen vor. Das würde mit den Stadtbahngleisen kollidieren, die dann in wenigen Metern Entfernung daran vorbeiführen würden – Abgrenzungen oder gar Zäune wären vonnöten, was der neuen Offenheit dieses Bereichs widersprechen würde. Danach müssen die Gleise an den Wangen der Hochstraßen-Rampe vorbeigeführt werden. Zur Erlangung der Mittellage in der Berliner Allee noch vor der Königstraße muss dabei jeweils der Cityring gekreuzt werden – ampelgesichert und direkt nach dem Brückenkopf. Eine Störung des Verkehrsflusses auf dem Cityring ist damit unvermeidlich. Nach dieser problematischen Engstelle erreicht die Strecke den Platz der Kaufleute zwischen Königstraße und Schiffgraben. Hier wurde schon in der Diskussion 2011 ein Hochbahnsteig vorgesehen, der unstrittig und unproblematisch an diesem Ort – als Ersatz einer gleichgelagerten U-Bahn-Station „Königstraße” – entstehen könnte. Dabei werden jedoch auch die Kreuzungen Königstraße und Schiffgraben wiederum durch Zugfahrten blockiert.

Danach muss die „10/17”-Strecke direkt nach dem Schiffgraben zwangsweise abtauchen. Um dort von der Straßenebene mit einer Höhe von ca. 53,30 m ü. Normalnull abtauchen zu können und bis auf 37,30 m ü. NN Betonsohle der Minus-Drei-Ebene in der Station „Marienstraße” zu gelangen, braucht es bei der maximal zulässigen Steigung von 40 ‰ eine Strecke von exakt 400 Metern (weil: 16 Meter Höhenunterschied zwischen 0 und –3-Ebene). Zur Veranschaulichung wurden hierfür Längsschnitte übereinander gelegt: Schwarz sind die originalen D-Tunnel-Pläne für die Stationen „Königstraße” und „Marienstraße” (von 1992), entlang der Berliner Allee von Norden nach Süden, 10-fach überhöht (10 Meter in der Länge zu 1 Meter in der Höhe). In Rot wurde eine „Standardrampe” mit 40 ‰ maximal erlaubter Steigung einkopiert. Mit der südlichen Kante der DB-Brücke endet die Rampenöffnung – nur so können die Radwegkreuzung am Gutenberghof/Kestnerstraße und die Einmündung Lavesstraße freibleiben. Nach Überwindung von 16 Höhenmetern käme die Rampenstrecke dann punktgenau in der –3-Ebene „Marienstraße” an. Wie man sieht, wäre dann auch der „normale” Weiterbau eines D-Tunnels zum Hauptbahnhof fast der gleiche bauliche Aufwand. Auf jeden Fall müsste diese Rampe einen provisorischen Fortsatz bekommen (adäquat zur Rampe Goetheplatz), um später den D-Tunnel ungehindert weiterbauen zu können.